Die Reger-Orgel in der Meininger Stadtkirche

Hat Max Reger denn Orgeln gebaut? So fragen viele Besucher unserer schönen Stadtkirche, zurecht. Nein, natürlich nicht, ist die Antwort! Aber er hat viel auf der Orgel der Meininger Stadtkirche gespielt, die die Firma Martin Schlimbach & Sohn aus Würzburg 1889 als sog. „Schwalbennest“ im Raum unter der herrlichen Fensterrosette zwischen den beiden Türmen fertiggestellt hat. Unter dem Klangeindruck dieser Orgel komponierte er auch die bedeutenden Orgelwerke der Meininger Zeit 1911-1914. Vor allem aber hat er nicht unwesentlichen Einfluß auf ihre weitere Entwicklung genommen. Es gibt natürlich weitere Orgeln, mit denen der Komponist mehrfach zu tun hatte (z.B. die ehemalige Schützenhaus - Orgel von 1914, die in den 20-er Jahren nach Berlin - Haselhorst verlagert wurde, sowie weitere Orgeln in Bad Salzungen, Weiden, Wiesbaden, Leipzig u.a.).

Es gibt übrigens auch Bach - Orgeln, Mozart - Orgeln, Bruckner - Orgeln etc. unter gleichem Aspekt!

Regers Veränderungswünsche der Schlimbach - Orgel, die übrigens auch Johannes Brahms aus seiner Meininger Zeit her gut kannte und schätzte, wurden nach Regers Tod erst 1932 mit dem umfassenden Umbau und die Erweiterung durch die Fa. Eberhard Friedrich Walcker realisiert. Eine sinnvolle Veränderung der Disposition, sowie die Erweiterung der Orgel um das von Reger gewünschte Schwellwerk (III. Manual) gaben der Orgel ihr bemerkenswertes Klanggewand, so daß der damalige Kirchenmusikwart der Thüringer Evangelischen Kirche am 24.10.1932 in seinem Gutachten u.a. schreiben konnte: „Die Kirchgemeinde Meiningen kann sich freuen, daß sie nunmehr in ihrer Kirche ein Orgelwerk besitzt, daß größten Anforderungen gerecht werden dürfte.“ Dies schrieb kein Geringerer als Professor Erhard Mauersberger, der spätere Thomaskantor, von seinem Eindruck der Orgelabnahme!

 

 

Die bemerkenswerte Geschichte der Orgel erlitt mit dem Bombenangriff am 23.02.1945 einen tragischen Fortgang. Durch Bombenschäden an der Kirche wurde auch die Orgel beträchtlich miteinbezogen. Ende der vierziger Jahre nur unzureichend bis mangelhaft repariert, sowohl im technischen, wie auch im klanglichen Zustand. Zu Zeiten der DDR konnten diese Mängel aus finanziellen und fachlichen Gründen nicht behoben werden, sodaß ein bedenklicher Verfall einsetzte. Nach der Wende nun wurden diese längst überfälligen Probleme und Arbeiten durch Gutachten von Sachverständigen und Kostenvoranschlägen von Spezialorgelbauwerkstätten angegangen: Fa. Hey - Urspringen/Rhön (Gesamtarbeiten an der Orgel), Fa. Laukhuff/Weikersheim (Spieltisch, Orgelteile) und Fa. Killinger - Freiberg/Neckar (Rohrwerk).

Mit der Wiedereinweihung nach diesen sehr umfänglichen Reparatur- und Restaurationsarbeiten am 6.05.1994 haben wir nun wieder ein Instrument, daß „größten Anforderungen gerecht werden dürfte", die umseitigen Angaben zum Instrument belegen das in detaillierter Weise!

Leider waren die nötigen Kosten von ca. 500 TDM nicht komplett zu decken. Durch vielfältige Hilfe von Sponsoren, über Benefizkonzerte, Kollekten, Zuschüsse von der Thür. Landeskirche, dem Landesamt für Denkmalpflege und natürlich der Kirchgemeinde konnte ein großzügiger Kredit bis auf derzeit 20 TDM reduziert werden. Wir sind daher auch weiterhin optimistisch, bald wieder schuldenfrei zu sein. Dafür haben wir eine Orgel, die ganz bemerkenswert ein Stück Stadtgeschichte, besonders der Meininger Musikgeschichte dokumentiert. Sie ist ein Instrument der Jahrhundertwende mit großer Klangvielfalt für Musik der deutschen und französischen Romantik, aber auch des Barock, der Klassik und unseres Jahrhunderts. Das rechtfertigt allen zurückliegenden Einsatz!


Disposition der REGER – Orgel der Meininger Stadtkirche

 

I. Manual, HAUPTWERK, C - c’’’’

Principal 16´
Quintadena 16´
Principal 8´
Hohlflöte 8´
Gamba 8´
Gedackt 8´
Oktave 4´
Gemshorn 4´
Rohrflöte 4´
Quinte 2 2/3´
Oktave 2'
Schwiegel 2´
Cornett 8´ 3 – 5 fach
Mixtur 5 – 7 fach
Scharf 4 – fach
Trompete 8´
Clarine 4´


 

II. Manual (C bis c4)

Principal 8´
Flöte 8´
Italienisch Principal 4´
Flute harmonique 4´
Nasard 2 2/3´
Principal 2´
Piccolo 2´
Terz 1 3/5´
Sifflöte 1´
Cymbel 1´ 5 - fach
Dulzian 16'
Klarinette 8'
Schwebung 8' (mit Princ. 8')
Tremulant

 

III. Manual Schwellwerk (C bis c 4)

Nachthorn 16´
Principal 8´
Rohrflöte 8´
Dolce 8´
Vox coeleste 8´
Kleinprincipal 4´
Blockflöte 4´
Schwiegel. 2´
Quinte 1 1/3´
Cymbel 1/3´ 5-fach
Krummhorn 8´
Messingregal 4´
Tremulant

 

Pedal (C bis f 1)

Principalbaß 16´
Violon 16´
Subbaß 16´
Gedacktbaß 16´ (Transmission)
Oktavbaß 8´
Violoncello 8´
Bassflöte 8´ (Transmission)
Quintbaß 10 2/3´
Oktavbaß 4´
Pedalmixtur 5-fach
Posaune 16´
Trompete 8´
Schalmey 4´
Singend Cornett 2´

 

 

Setzerkombination SK II, A - H, 1 - 8, drei verschließbare Registerebenen, Koppeln und Spielhilfen verschiedenster Art (u.a. Crescendo - Walze)

Max Reger spielte und komponierte für diese Orgel die bedeutenden Werke seiner Meininger Zeit, die 1911 bis 1914 besonders durch sein Wirken als Dirigent der Meininger Hofkapelle geprägt ist.

Erbaut wurde diese Orgel von der Firma Martin Schlimbach & Sohn, Würzburg, im Jahr. 1889, sodann - nach den Wünschen Max Regers (!) erweitert (besonders durch das Schwellwerk) von der Firma Eberhard Friedrich Walcker & Sohn, Ludwigsburg, im Jahr. 1932

Umfassende Restaurations und Reparaturarbeiten folgten in den Jahren 1992 bis 1994 durch die Firmen Wolfgang Hey - Urspringen, August Laukhuff - Weikersheim und Roland Killinger - Freiberg/Neckar, Wiedereinweihung war im Rahmen der Meininger Landesmusiktage „Hans von Bülow“ am 6. Mai 1994 durch Prof. Werner Jacob/Nürnberg.

Christian Glöckner Stadtkantor i.R.